Aktuelle Fragen und Antworten zur Energiewende
Was ist der Energiesystemkonflikt? Geht es bei der Energiewende darum, Strom zu sparen? Warum werden Wärmepumpen dann so angepriesen? Importieren wir nach dem Atomausstieg mehr Atomstrom? Gibt es einen Masterplan für die Ladeinfrastruktur? Werden Batterien recycled? Ist Windkraft schädlich oder nützlich?
Das Wichtigste zuerst
Der Energiesystemkonflikt
Warum Öl- und Gasländer und Energiekonzerne kein Interesse an der Rettung der Menschheit haben können – und mit Milliarden Budget die Energiewende bekämpfen.
Öl- und Gasländer und Energiekonzerne verdienen Billionen damit, dass fossile Energie ungleichmäßig auf der Erde verteilt ist. Zur Förderung braucht man aufwändige Technik, riesige Raffinerien, zentrale Großkraftwerke und eine Verteilinfrastruktur mit Schiffen, Terminals, riesigen Tanklagern, Tanklastern und Tankstellen.
Schau auf Russland, Saudi-Arabien, Aserbaidschan, Kanada, die USA.
Schau auf Exxon, Shell, BP oder Total mit ihren Milliardengewinnen.
Schau auf die Tankstellenketten und die Mineralölhändler mit ihren Lastwagen.
Schau auf RWE und LEAG mit ihren vor Jahrzehnten billigst erworbenen Rechten für den Kohleabbau.
Das brauchen wir alles in einem klimafreundlichen Energiesystem nicht mehr.
Wind und Sonne sind dezentral verteilt.
Auch ein Großkonzern kann nicht 1.000 Windräder oder 100.000 Solarmodule zentral aufbauen, man muss sie über die Fläche verteilen. Dadurch verlieren die Konzerne ihre Monopolstellung, also Macht und Profit. Und die Ölländer verlieren ganz besonders.
Wenn sie ihren Profit nicht verlieren wollen, haben sie also keine andere Wahl, als darauf hin zu arbeiten, dass wir so lange wie möglich bei Öl und Gas bleiben. und dann möglichst viel eFuels und Wasserstoff importieren – obwohl diese Faktor 4-6 mehr Energie brauchen als wenn man direkt Strom nutzen würde.
Die Scheichs wollen bis zum letzten Tropfen ihr Öl verkaufen – siehe z.B. dieses Interview:
Das wissen die Konzerne aber schon seit Mitte der 70er Jahre, und sie haben viel Geld. Sie arbeiten mit großen Werbeagenturen, mit Anwälten, mit 1000en Lobbyisten. Sie sind eng mit Investmentfirmen und Banken verflochten. Sie halten Anteile an Medien (z.B. Axel Springer), haben ihre Leute in Politik und Medien und sogar in die Wissenschaft eingeschleust. Sie haben Fake-Wissenschafts-Institute gegründet, die regelmäßig Papiere mit Fake-Science veröffentlichen. In den USA z.B. das Heartland-Institute. In Deutschland EIKE. Die meisten Anti-Windkraft-Vereine in Deutschland sind zentral gemanagt (VLAB, Vernunftkraft). Im Internet haben wir Fake-Profile und Bots, die z.B. aus Russland gesteuert sind.
Die (v.a. russische) Gaslobby hatte Deutschland seit der Schröder-Regierung fest im Griff. Da fließt viel Geld, es wurden rauschende Partys gefeiert. Viele Politiker haben ein "Nebeneinkommen" als "Berater" z.B. für RWE usw.
Hermann Scheer schrieb darüber u.a. ein tolles Buch und hielt immer wieder Vorträge. Wenige Tage nach dem Vortrag, den ich dir gleich verlinke, starb er leider:
https://www.youtube.com/watch?v=575kzHyJT9g
Der Vortrag ist legendär und war für mich auch Augen öffnend.
Energiewende
Müssen wir denn nicht eigentlich Strom sparen?
Woher beziehen wir eigentlich den Strom für die vielen Wärmepumpen? Kohlekraftwerke? Gaskraftwerke? Wenn jeder so ein Ding kauft, würde das den Stromverbrauch ja deutlich erhöhen. Sollten wir denn nicht eigentlich Strom sparen?
Das Ziel ist nicht, Strom zu sparen, sondern von fossilen Energieträgern (die endlich sind und Treibhausgase erzeugen) auf regenerative Energie (Wind, Wasser, Sonne, ...) zu wechseln. Und das geht am effizientesten und am billigsten mit Strom.
Die Umstellung auf Strom spart enorme Mengen Energie – bei Wärmepumpen Faktor 3-4, bei Motoren Faktor 4, bei vielen Industrieprozessen sind zweistellige Prozentwerte drin. Dadurch sinken sogar mit fossilem Strom bereits die Treibhausemissionen. Auch Gebäudesanierung spart Energie.
Wir werden also wirklich immer mehr Strom brauchen – aber dafür immer weniger Gas, Kohle und Öl.
Aktuell haben wir rund 50% regenerativen Strom. Die 3 letzten Kernkraftwerke haben zuletzt in Deutschland noch um die 4% beigetragen. Für eine vollständigen Umstellung brauchen wir rund 1.300 bis 1.400 Terawattstunden jährlich statt heute rund 630, also etwas das Doppelte. Das ist so berechnet, dass es dann keine Öl- und Gasheizungen mehr gibt, dass die Mobilität elektrisch passiert, die Industrie die nächste Generation ihrer Anlagen umgestellt hat usw.
Strombilanz und EE-Ausbau
Muss Deutschland Atomstrom kaufen?
Stimmt es, dass der fehlende Atomstrom aus anderen Ländern zugekauft werden muss? Und das, was wir daher bekommen, ist doch auch (u.a.) Strom aus Atomkraft…
Wir haben ein europäisches Stromnetz und eine europäische Strombörse. Da kaufen und verkaufen ständig alle Akteure europaweit. Es wird auf Profit optimiert. Deutschland importiert z.B. recht oft Strom aus Skandinavien und hat v.a. im letzten Jahr besonders viel Strom nach Frankreich exportiert (wegen der heruntergefahrenen Atomkraftwerke dort). Bei den Importen ist natürlich auch immer wieder Atomstrom dabei. Aber da der eher teuer ist, hält sich das in Grenzen. Deutschland exportiert mehr Strom, als es importiert. Dieser Überschuss wird durch den Atomausstieg allerdings wohl erstmal sinken.
Prognose: Bei wenig Wind und Sonne werden wir mehr Importe haben oder eigene Gas- und Kohlekraftwerke werden mehr laufen, was den Strompreis steigert. Bei viel Wind und Sonne wird zukünftig weniger abgeregelt werden, was den Strompreis senkt, da die Betreiber weniger Ausfallentschädigung bekommen.
Die zukünftige Preisentwicklung wird stark davon abhängen, ob wir es schaffen, neben dem Ausbau der PV auch beim Wind wieder auf das Tempo zu kommen, das wir schon hatten, bevor Peter Altmaier 2017 auf Druck der fossilen Lobby die Windbranche aus dem Land vertrieben (u.a. in die USA) und damit viele Arbeitsplätze vernichtet hat.
Die Zerstörung der deutschen Solarbranche 2012 war übrigens auch eine bewusste politische Entscheidung in Deutschland. Natürlich gab es massiven Wettbewerb aus China, aber dazu auch verschlechterte Rahmenbedingungen im Inland. Es gingen mehr als 100.000 Arbeitsplätze verloren, technologischer Fortschritt wurde aus der Hand gegeben...
Elektroautos
Wo laden Leute ohne private Stellplätze ihre Elektro-Autos ?
Wo wird eine Wallbox installiert, wenn ich keinen eigenen Stellplatz habe? Das Ladekabel müsste ja über den Fußweg oder sogar über die Straße gelegt werden. Und wie soll eine vernünftige Infrastruktur bis zum Abschaffen der Verbrennerfahrzeuge aufgebaut werden?
Wer an der öffentlichen Straße parkt, wird zum Laden öffentliche Infrastruktur nutzen müssen. Es gibt dafür schon Lösungen von einigen Herstellern, z.B. Steckdosen in Laternenmasten (sind sogar ziemlich preisgünstig), auch in den Bordstein eingelassene Steckdosen gibt es oder sehr schlanke Säulen, die man wie früher die Parkuhren zwischen die Parkplätze bauen kann – aber da müssen die Kommunen ran. Die meisten Kommunen warten natürlich ab – man will ja keine Fehlinvestitionen tätigen. Eine verbindliche Vorgabe (keine Neuzulassung von Verbrennern ab 2035) ist für die Planung hilfreich, da weiß man, dass es bis ca. 2045-2050 langsam auf 100% Elektrofahrzeuge zugeht.
Leider ist die Übergangsphase diskriminierend. Ich parke in der Garage und lade im Sommer eigenen PV-Strom, komme im Jahresschnitt auf Stromkosten von 4-5 EUR für 100km. In unserer Firmentiefgarage wurden vor kurzem 20 Wallboxen aufgehängt. Da laden v.a. Kollegen, die zuhause nicht laden können. Für alle, die diese beiden Möglichkeiten nicht haben, ist die Ladeinfrastruktur noch sehr unbequem und man spart auch gegenüber Benzin oder Diesel nur die KFZ-Steuer und die Wartungskosten.
Und so ist es ein Henne-Ei-Problem: Die Kommunen reagieren auf den Bedarf, die Autokäufer aufs Angebot an Ladeinfrastruktur.
Wieviel Strom verbrauchen wir mehr, wenn alle elektrisch fahren?
Der Strombedarf aller gefahrenen PKW-Kilometer in Deutschland beträgt übrigens rund 120 TWh pro Jahr – ca. 20% des heutigen Strombedarfs, die hinzukommen. Im Gegenzug fallen rund 30 TWh für Raffinerien und Zapfsäulen weg, und rund 500 TWh an Erdöl, die nicht mehr verbrannt werden.
Batterie-Recycling
Und wie ist es eigentlich mit dem Recycling der Akkus?
Die Materialien sind sehr wertvoll, Recycling rechnet sich also. Dafür gibt es maschinelle und teilweise chemische Verfahren, die auch noch optimiert werden. Aber es lohnt es sich derzeit noch nicht, große Recyclinganlagen aufzubauen – denn es gibt es noch viel zu geringe Stückzahlen "kaputter" Akkus, weil sie ja inzwischen immer länger halten (500.000 bis 1 Mio km) und die Zellen sogar danach teilweise noch in Stromspeichern genutzt werden können.
Windkraft
Infraschall
Werden Menschen durch den Infraschall krank?
Ein tolles Beispiel für gezielte Desinformationen der fossilen Lobby.
Es gab einen einzigen Herzchirurgen (Prof. Vahl aus Mainz), der sich auf eine BGR-Studie berufen hat, in der ein offensichtlicher (!) Rechenfehler um einen Faktor von weit über 1.000 (!) drinstand.
Eine Reihe von Wissenschaftlern, u.a. Stefan Holzheu, hat immer wieder auf den Fehler hingewiesen, aber erst vor kurzem hat das BGR den Fehler korrigiert.
Vahl hat dann Versuche mit noch weitaus höheren Infraschallpegeln gemacht und dabei festgestellt, dass diese gesundheitsschädlich sind. Er wollte dann daraus ableiten, dass die (viel niedrigeren, aber um Faktor mehr als 1.000 zu hohen) Pegel aus der fehlerhaften Studie vermutlich gesundheitsschädlich seien.
Da er sich auch jedem Diskurs verweigert hat, liegt die Vermutung nahe, dass er gute Beziehungen zu Geldgebern aus der Anti-Windkraft-Szene hat, die wiederum u.a. von US Energiekonzernen finanziert wird.
Artenschutz, Natur und Bodenversiegelung
Wie stehen Nutzen und schädliche Nebenwirkungen bei Windkraft im Verhältnis
Ich will das jetzt nicht herunterspielen, aber der Nutzen ist eindeutig höher als der Schaden.
Wir stehen kurz davor, beim Klima Kipp-Punkte zu überschreiten, bei denen die Erderwärmung sich unkontrolliert beschleunigt. Wir haben dann keine Chance mehr, die weitere Erwärmung aufzuhalten. Die Erderwärmung geht so schnell, dass die Tier- und Pflanzenwelt sich nicht so schnell anpassen kann. Eingespielte Biotope kann man nicht mal eben in 100 Jahren um 2.000 km verschieben. 50% aller Tier und Pflanzenarten sind bedroht, dazu die Ernährung der Menschheit und der Lebensraum unserer heutigen Zivilisation.
Unser Wald stirbt jetzt schon wegen der Trockenheit – eine Folge der Erderwärmung. Korallenriffe sind wohl kaum noch zu retten. Der Ozean ist wärmer und saurer geworden, der Golfstrom schwächelt, der Jetstream ist verlagert, usw.
Für sämtliche Windräder, die wir für die Energiewende in ganz Deutschland brauchen und bereits haben, werden rund 60 Hektar Fläche versiegelt. Das entspricht 60 Kilometer Bundesstraße.
Mit dem Strom kommen wir dann aber von Öl und Gas und Kohle komplett weg: Kein Fracking mehr für den Energiebedarf der Deutschen. Keine Teersande in Kanada, kein Nigerdelta, keine Tanker- und Plattformunglücke, kein russisches Gas, keine LNG-Tanker aus Saudi-Arabien. Kein Braunkohle-Tagebau. Kein Uran aus Russland.
Derweil werden ständig in Deutschland beste Ackerböden für Lagerhallen und Wohngebiete geopfert, da geht ein Vielfaches an Fläche jedes Jahr verloren. Straßen zerschneiden Lebenssräume und töten viele Tiere. Dafür wird weitaus mehr Boden versiegelt.
Beim Thema Natur- und Artenschutz werden die Naturschutzverbände (z.B. NABU, BUND) eingebunden. Die Bestimmungen und Vorkehrungen (z.B. Echtzeit-Monitoring mit Radar und Kameras, Abschaltungen in der Brutphase usw.) sind so streng, dass man sich hier m.E. wirklich keine Sorgen zu machen braucht. Ein Windrad zerschneidet auch keinen Lebensraum.
Warum stehen Windräder so oft still? Was ist, wenn kein Wind weht?
Für den Stillstand gibt es mehrere Gründe.
- Artenschutz – einige Windräder dürfen z.B. in einigen Monaten des Jahres nur nachts laufen oder umgekehrt nur tagsüber.
- Schattenwurf – je nach Sonnenstand (jahreszeitabhängig) können Schatten auf Wohngebäude fallen, Windräder müssen dann so lange abgeschaltet werden.
- Zu schwacher Wind – vor allem ältere, kleine Windräder arbeiten erst, wenn der Wind schon ordentlich zu spüren ist. Moderne größere Anlagen arbeiten aber auch bei viel schwächerem Wind. In größerer Höhe weht der Wind auch viel konstanter.
- Sturm – Windräder werden aus dem Wind gedreht, wenn es so stark stürmt, dass sie beschädigt werden könnten
- Windparkmanagement – je nach Windrichtung und -geschwindigkeit kann ein Windrad ein anderes beeinträchtigen und dann werden einzelne Windräder zeitweise abgeschaltet.
- Netzüberlastung – rund 3% der jährlichen möglichen Energiemenge gehen verloren, weil der Strom nicht abtransportiert werden kann. Abhilfe können der Netzausbau, smartes Energiemanagement, und regionale Speicher schaffen.
- Wartungsarbeiten.
Unterm Strich erzeugen moderne Windräder aber Strom für rund 4 Cent pro kWh, dabei sind alle Stillstände schon eingerechnet. Es gibt nur eine überschaubare Anzahl von Tagen im Jahr, wo Wind und Sonne so schwach sind, dass man auf langfristige Speicher (z.B. Power-To-Gas Rückverstromung) zurückgreifen muss, allerdings muss dazu der Ausbau ausreichend sein, so dass es auch ab und zu Überschüsse gibt, die man in Wasserstoff umwandeln kann.